Braungart begeistert neben Schülerpreisträgern und Kulturprogramm

Die allgemeine Freude war fast mit Händen zu greifen beim Münsterlandtag des Heimatbundes Oldenburger Münsterland in Lohne. Endlich wieder eine große Veranstaltung, wo „man sich trifft“ und einen interessanten und unterhaltsamen Tag verbringt. Und beides hatte die Veranstaltung in Hülle und Fülle zu bieten: einen inhaltlich hochspannenden und auch humorvollen Vortrag des international gefragten „Cradle-to-cradle“-Fachmanns Prof. Dr. Michael Braungart, die Auszeichnung besonderer Schülerarbeiten aus dem OM und ein buntes und abwechslungsreiches Kulturprogramm der Stadt Lohne. 

Eigentlich war der Münsterlandtag in dieser Form schon im vergangenen Jahr geplant, musste aber wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden. Und glücklicherweise konnte sowohl die Stadt Lohne als Veranstaltungsort als auch der Impulsredner, der renommierte Chemiker und Verfahrenstechniker Braungart (Leuphana-Universität Lüneburg), für den Nachholtermin gewonnen werden. Und Braungart schlug wegen seines Auftritts im Lohneum sogar eine Anfrage von BMW aus, wo er auch einen Vortrag halten sollte: „Verlässlichkeit und Wort halten ist wichtig.“ Grundsätze, die laut Braungart auch im Oldenburger Münsterland noch eine Rolle spielen würden. Und auch echte Innovationen kämen in der Regel nicht aus Ballungszentren, sondern aus ländlichen Regionen, das hätte die Geschichte gezeigt.

Und eine wichtige Innovation regt Braungart auch mit seinem „Cradle-to-cradle“-Prinzip an: Eine echte Kreislaufwirtschaft (cradle to cradle, übersetzt von der Wiege in die Wiege), bei der Herstellung von Gegenständen, die vom Material her so hochwertig sind, dass sie beim Recycling komplett wiederverwertet werden können. Dadurch könnte z.B. auch die Entstehung von Mikroplastik, etwa durch den Abrieb von Autoreifen und Turnschuhen, reduziert werden. Denn: „Ich möchte, dass es den Heimatbund auch in 100 Jahren noch gibt, aber ich möchte nicht, dass es die Plastikrückstände um uns herum noch in 100 Jahren gibt.“

Vieles müsse man neu denken: „Eigentlich brauche ich doch z.B. keine Waschmaschine, sondern was ich wirklich brauche, sind 3000 Waschgänge meiner Wäsche.“ Die Hersteller müssten also auch hochwertiger produzieren, damit die Maschinen länger hielten und von mehr Menschen genutzt werden könnten. Auch das aktuelle Schlagwort „Klimaneutralität“ sei so nicht umsetzbar. Denn konsequent gedacht, sei der Mensch nur klimaneutral, wenn er nicht auf der Welt ist, formulierte Braungart provokant. Das sei natürlich keine Option, also müsse man gut für das Klima sein und nicht klimaneutral: „Es geht nicht darum, weniger schädlich, sondern nützlich zu sein.“

Ideen und auch erste Projekte dazu gebe es bereits, stellte Braungart klar. So wolle etwa BMW 2025 das erste „Cradle-to-cradle“-Auto produzieren und auch erste Kommunen konnten als Modellregionen gewonnen werden, das Prinzip umzusetzen. „Wie wäre es denn, dieses auch hier im Oldenburger Münsterland, hier in Lohne umzusetzen?“, richtete der Wissenschaftler die Frage ans Plenum und die anwesenden Politiker.

Kenntnisreich eingebettet wurde der Vortrag von Prof. Dr. Marco Beeken, den der Heimatbund als Moderator gewinnen konnte. Ebenso Chemiker und Fachmann für Plastik und Plastikkreislauf konnte Beeken das Thema in die anschließende Diskussionsrunde tragen. Mit dabei waren Benjamin Kampmann (Fa. Pöppelmann, Lohne), Linda Stärk (Fa. Zerhusen, Damme), Sandra Mezger (Klimaschutzmanagerin Stadt Lohne) und Volker Lampe (Handelslehranstalten Lohne).

Letzterer hatte sich mit seinen Schülern auch erfolgreich für den Schülerpreis OM beworben (u.a. mit dem Ausstellungsprojekt „Plastiklos“), den Heimatbund-Präsident Stefan Schute und Heimatbund-Geschäftsführerin Gisela Lünnemann verliehen.

Folgende Schüler und Schülergruppen erhielten den Schülerpreis 2021: Charlotte Lübbers (Copernicus-Gymnasium Löningen) für ihre Facharbeit „Musik erleben. Bedeutung und Instrumentalisierung von Musik zur Zeit des Nationalsozialismus“; Anna Beckermann (Gymnasium Damme) für ihre Facharbeit „Die Aufnahme von Heimatvertriebenen im Rahmen des Zweiten Weltkriegs in Holdorf“; Theresa Barlage, Lea Bergfeld, Susanne Block, Nadine Bruns und Emma Rolfsen (Albertus-Magnus-Gymnasium Friesoythe) für das Projekt „Historischer Lehrpfad um das AMG“; Christoph Thomann (AMG) für seine Facharbeit „(K)ein herber Verlust für die dörfliche Alltagskultur? Zum Aussterben der Dorfkneipen“; Jann Reiners (AMG) für seine Facharbeit „Far from home he died – Schicksale der in Friesoythe gefallenen kanadischen Soldaten“; Klasse 12b der Fachoberschule Wirtschaft u.a. für Projektarbeit (Handelslehranstalten Lohne) „Plastiklos – Alternativen zu Plastikprodukten“; Wirtschaft-Klasse 11b und Bankklasse WBA1 für Projektarbeit (HLA Lohne) „Photovoltaikanlage – wir erzeugen unseren eigenen Strom“; Schülerfirma (HLA Lohne) „Honig im Topf: Aufstellung eines Bienenstocks“; Klasse 12 (Berufsbildende Schule am Museumsdorf, Gesundheit und Soziales Schwerpunkt Agrar) für ihre Projektarbeit „Entwicklungsperspektiven landwirtschaftlicher Familienbetriebe in der Region Südoldenburg“; Klasse 12 des Wirtschaftsgymnasiums (BBS am Museumsdorf) für ihre Projektarbeit „Die Corona-Krise: Ein Katalysator für die Digitalisierung im OM?“.

Für das ansprechende Nachmittagsprogramm mit Auftritten u.a. vom Kindergarten St. Barbara, der Tanzcrew von Stage7 und der Percussionzentrale zeichnete Cornelia Rothkegel-Hartke von der Stadt Lohne verantwortlich, die damit wieder einmal den kulturellen Reichtum der Stadt unter Beweis stellte. Das zahlreich erschienene Publikum dankte es mit begeistertem Applaus. Heimatbund-Vizepräsident Heiner Thölke dankte allen Mitwirkenden und natürlich besonders der Stadt Lohne, und lud herzlich ein zum nächsten Münsterlandtag am 5. November 2022 in Lindern.